Na ja, amtlich klingt im Internet ein wenig deplaziert. Angenommen, die Mehrzahl unserer staatlichen Ämter wäre nicht so unglaublich rückständig, dann stünde amtlich schlicht für dienstlich. Auch wenn oberflächlich gesehen der Computer und das Netzwerk der Kommunikationsrechner die Basis der Neuen Vernetzung bilden, besteht der Kernprozess der Network-Economy aus Dienstleistungen: physischen, elektronischen und informativen.
Stehen unsere staatlichen Ämter also im Mittelpunkt der Zukunftsökonomie? In negativer Hinsicht ja. Der öffentliche Dienst bildet im Hinblick auf die Potentiale der Wissenswirtschaft den zentralen Entwicklungsengpass. Er verschwendet wertvolle Ressourcen, behindert BürgerInnen und Unternehmen durch mehr als mangelhafte Verwaltungsprozesse sowie durch barockke l'art-pour-l'art-Jurisdiktion und hat die allgemeine schulische und universitäre Bildung (oft verwechselt mit Wissenschaft) zu einem volkswirtschaftlichen Negativfaktor verkommen lassen. Auch die gegenwärtigen Regierungs- und Finanzkrisen in Bund, Ländern und Gemeinden sind Ausdruck einer mittlerweile fünfzigjährigen Misswirtschaft und Fehlpolitik. Die Grosse Koalition schützt sie gegen die parlamentarische Demokratie und ihren gesetzlichen wie politischen Auftrag.
Schlankheitskur für den Staat. Lean Management in der öffentlichen Verwaltung. |
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Kann frau/man daran noch etwas ändern? Ich denke schon. Bereits 1994 entwarf ich ein erstes Konzept für die grundlegende, zukunftsorientierte und nachhaltige Reorganisation unseres öffentlichen Dienstes. Damals versuchte ich - auch im Sinne des kynischen Imperativs WILLKE's (1992: "Ironie des Staates") - die notwendigen Reformen, Reorganisationen, Restrukturierungen und Reorientierungen unseres guten alten "Vater Staat" mit einem ironischen Augenzwinkern zu skizzieren: Ironie als Kunst der zugeneigten Distanz zu sich und dem Arbeitsobjekt, daher als Schlüsselqualifikation für staatliche und "privat"-wirtschaftliche (Selbst-) Veränderung.
Zu meinem Entsetzen musste ich feststellen, dass trotz anderslautender und lautstarker öffentlicher Bekundungen Regierungen und Staatsverwaltungen ihren "Dienst" nicht wesentlich modernisiert haben. Die neue rot-grüne Bundesregierung verspricht zwar, die atemberaubende Verschuldung vor allem des Bundes abzubauen, von zukunftsweisenden Reorganisationen ihrer Regierungs- und Bundesämter ist aber noch nichts zu spüren. Im Gegenteil: Der apparative Schwanz wedelt mit dem politischen Hund - oder ist der Hund der Schwanz und umgekehrt? Regiert also der Apparat die Politik?
Ein Auszug aus der Einleitung von 1994:
"Der Staat, unser Staat, sein Unterhalt und sein Nutzen sind nicht mehr finanzierbar. Adenauers Ernstfall ist am Ende. Denn der Staat ist nicht mehr nur eine politische Veranstaltung der Enkel, die uns nach Innen Rechtssicherheit und nach Aussen Frieden bietet. Die Illiquidität der öffentlichen Hand offenbart es, der Staat ist ein ganz normaler Betrieb, der den harten Strukturen der Betriebswirtschaft folgt, oder scheitert. Wieso auf einmal? Feindbilder bergen für ihre Zeichner die Kraft der Selbstimmunisierung. Nun, da sich diese Feindbilder auf unseren Bildschirmen in ein diffuses Rauschen aufgelöst haben, tritt die innere Zerstörung unseres Staatshaushaltes umso klarer zu Tage. Plötzlich fällt auf, was schon seit zwei Dekaden der Fall ist: Um diesen unseren Staatsbetrieb ist es schlechter bestellt als es seine eigene Polizei erlaubte, würde sie gefragt. Über die Ursachen sind sich alle uneins mit allem und allen. Schuldige werden gesucht, entlassen, versetzt und abgewählt, die Namen altehrwürdiger Ämter ausradiert. Enttäuschung macht sich breit.
Lean Management gegen Kidnapper
Der Club of Rome erklärt den Staatsnotstand für das gesamte Europa: "Die Technokraten haben Europa gekidnappt."[1] Innerhalb des Staatsbetriebs meutern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ausserhalb die Finanziers und Kunden. Mangelhafte Unternehmensführung ("Nieten"), grassierende Kriminalisierung im Inneren, schwindende Leistungsfähigkeit nach Aussen, dazu galoppierende Kosten und kein Aufsichtsrat, der diesem ruinösen Treiben Einhalt gebietet. "Kredite aufzunehmen ist für die Politik erwiesenermassen sehr viel angenehmer, als sachgerechte Reformen durchzusetzen."[2] So lautet denn die Standardformel der öffentlichen Hand bis auf den heutigen Tag, neue Aufgaben erfordern neue Leute und mithin mehr Geld für Vater Staat. Modellrechnungen in diesem Zusammenhang ergeben, dass im Jahre 2030 auf einen Staatsdiener ein Rentner kommt - wenn der Trend anhält.
Von diesem Trend, der verbreiteten Misswirtschaft in unseren Staatsbetrieben, insbesondere davon, wie die Trendwende zu bewerkstelligen ist, handelt dieses Buch. Dabei bricht es ein 200 Jahre altes, etatistisches Tabu. Es sieht den Staat als ganz normalen Wirtschaftsbetrieb an. Entsprechend heisst das hinreichende Lösungskonzept "Lean Management" und entspricht dem modernsten Industriemanagement, das zur Zeit praktiziert wird. Lean Management wird mehr propagandistisch missbraucht als unternehmerisch umgesetzt. Es richtig zu verstehen, fällt auch erst einmal nicht leicht. Seine Leistungen erscheinen paradox: Weniger Anordnungen und Kontrolle von Oben ergeben eine bessere Führung; mehr kundenorientierte Qualität kostet weniger; höhere Leistung braucht geringere Investitionen ("von allem die Hälfte"). Unglaublich, aber zweifelsfrei wahr. So wahr, wie das vor gut 200 Jahren von Adam Smith vorgerechnete Beispiel von den Nähnadeln. Danach ergab die frühindustrielle, arbeitsteilige Produktion von 10 Nähnadel-Werkern in einer kleinen Fabrik einen Produktivitätsfortschritt des Faktors 500 gegenüber der traditionellen Einzelfertigung in einem handwerklichen Betrieb."[3]
© 2000-2007 Shopfloor Management Dr. Heinz Metzen | ||
Hinweis auf Links-Haftung | Stand: 20071107 |